Wie kam die Rekumer Kirche zu einem Turm mit Glocke ?

Von Jörg Bolz, Fotos: Claudia Wrobel

Am 10. April gab es im Kahnschifferhaus einen außergewöhnlichen Vortrag. Unser neuer Vorstandsvorsitzender Wulf Böcker begrüßte Sigrid Wiesner. Sie berichtete, unterstützt von ihrem Enkel, in einer Präsentation mit vielen Bildern und Zeitungsartikeln über die Entstehung des Glockenturms der Rekumer Kirche.
Die Geschichte beginnt 2001, als Hayno Akkermann, der jetzige Pastor der reformierten Kirchengemeinde Rekum, zu seinem Vorstellungsgespräch nach Rekum fuhr, prompt an seiner künftigen Kirche vorbeifuhr und in Neuenkirchen landete.
„Unser bescheidenes Gotteshaus an der Ecke Pötjerweg/Rekumer Straße sah mit seinem kleinen Dachreiter damals ja wirklich eher wie eine Schule aus“, erklärte Sigrid Wiesner das Missgeschick des Pastors.
Allerdings, so sagte sie, war schon seit geraumer Zeit eine Erweiterung im Gespräch, da die Kirche aus allen Nähten platzte. Man plante, dass das Gebäude bei dieser Baumaßnahme auch einen richtigen, 22 Meter hohen Kirchturm bekommen sollte.
Die Bauerweiterungspläne lagen dann im Sommer 2003 vor und auch die Baugenehmigung wurde noch im Herbst erteilt. Nach dem
Ende der kalten Jahreszeit, im Frühjahr 2004, sollte mit dem Bau begonnen werden.
Mit Manfred Wiesner, ihrem Ehemann, hatte man einen Leiter des Bauausschusses, der die Angelegenheit energisch vorantrieb.
Er sei es auch gewesen, der sich dafür stark machte, dass der Turm aus Ziegeln erbaut werden sollte.
Außerdem war ein kupfernes Dach mit einer vergoldeten Kugel und einem vergoldeten Kreuz obendrauf als Turmbekronung vorgesehen.
Rund 320.000 Euro sollte die Kirchenerweiterung kosten. Ein Drittel der Summe hatte die Kirchengemeinde bereits angespart. Ein
weiteres Drittel sollte von der Landeskirche in Leer beigesteuert werden. Für den Rest war die Aufnahme eines Kredites geplant.
Weitere 14.000 Euro wurden für die Glocke und den Glockenaufleger kalkuliert. „Unsere neue Glocke“, so Sigrid Wiesner, „wurde über
Spenden finanziert“. Die unkonventionelle Idee: Durch den Verkauf eines „Rekumer Glockenweins“, eines halbtrockenen Dornfelder
Rotweins, sollte das Geld für die Glocke hereinkommen. Im Preis jeder verkauften Flasche war bereits ein Spendenanteil enthalten.
Schmunzelnd sagte Frau Wiesner: „So konnten die Gemeindemitglieder Schluck für Schluck mithelfen, den neuen Glockenturm mit einer Glocke auszustatten“.
Wie Frau Wiesner berichtete, hatte Hayno Ackermann schon Anfang 2004 verkündet, wann die erweiterte Kirche mit dem neuen Glockenturm eingeweiht werden sollte. Nämlich zum Beginn des neuen Kirchenjahres am 1. Advent 2004. Da sollte die Glocke, die
bereits am 12. März 2004 im westfälischen Gescher gegossen wurde, das erste Mal erklingen. – Ein sehr ambitionierter Zeitplan!
Das Engagement des Bauausschusses bekam allerdings einen erheblichen Dämpfer, denn die Landeskirche zog ihre ursprüngliche Zusage, sich an dem Bau finanziell zu beteiligen im April 2004, zurück. Das ganze Bauvorhaben stand plötzlich auf der Kippe. Die Kosten mussten um 100.000 Euro reduziert werden. Das schaffen wir nicht, war von einigen Gemeindemitgliedern zu hören, aber Manfred Wiesner und Pastor Akkermann waren überzeugt, dass man es schaffen könnte. „Geht nicht – gibt ‘s nicht!“ war der neue Leitspruch!
Die Kostenersparnis war nur zu erreichen, weil die Gemeinde auf die anfangs vorgesehenen Kellerräume und auf einige kostenintensive Baudetails verzichtete. Außerdem waren nun erhebliche Eigenleistungen gefragt. „Zahlreiche Gemeindemitglieder und ortsansässige Firmen“, so Sigrid Wiesner, „haben damals ihre Bereitschaft bekundet, beim Innenausbau mit anzupacken. Ich finde es einfach großartig, dass sich die Rekumer so ins Zeug legten“.
„Von nun an ging alles Schlag auf Schlag“, berichtete Sigrid Wiesner.
Der erste Spatenstich für die Erweiterung der Kirche erfolgte am 9. Mai 2004. Zum Spaten greifen durften damals die Jungen und Mädchen, die regelmäßig den Kindergottesdienst besuchten. „Der Grund, dass nicht Ortspolitiker oder honorige Kirchenmitglieder dies übernahmen, war von Pastor Akkermann zu verantworten“, erklärte Frau Wiesner. „Das Bauvorhaben“, so Pastor Hayno Akkermann damals, „soll die Zukunft der Gemeinde sichern. Da liegt es doch nahe, dass die künftigen Gemeindemitglieder den ersten Spatenstich tun.“
Dann erfolgte am 6. Juni 2004, im Beisein eines Vertreters des Synodalverbandes, die Grundsteinlegung durch Pastor Akkermann und Manfred Wiesner als Kirchenratsmitglied.
Richtfest wurde am 16. August 2004 mit allem Drum und Dran gefeiert. Kinder und Erwachsene hatten, den mit Bändern festlich geschmückten Richtkranz, in wenigen Sekunden mit Hilfe eines Seils zum Dachstuhl befördert, wo er von den Zimmerleuten in Empfang genommen wurde. Nachdem der letzte Nagel am Dachstuhl von Pastorin Ina Tempel eingeschlagen worden war, hielt ein Zimmermann traditionsgemäß eine Festansprache und lobte alle Beteiligten, die es geschafft hatten, diesen Anbau mit seinem Kirchturm zu errichten. Nachdem ein Monat später, am 8. September, erneut unter Mithilfe von Ina Tempel, die Turmbekronung aufgesetzt worden war, konnte die Gemeinde am 3. Oktober die Rekumer Glocke begrüßen. In einem festlichen Akt wurde die Glocke von Kindern der Gemeinde in die Kirche geschoben und den 120 Gästen, darunter der Präsident der Amtskirche in Leer, präsentiert. Einige Tage später, am 11. Oktober, war der Erweiterungsbau nun außen komplett fertig und die Glocke wurde in den neuen Kirchturm eingebaut.
Am 1. Advent 2004 wurde die Glocke im Rekumer Kirchturm, wie von Pastor Akkermann im Frühjahr angekündigt, das erste Mal geläutet.
Die Zuhörer der Präsentation bedankten sich bei Sigrid Wiesner mit einem herzlichen Applaus für die von ihr mit so viel Engagement vorgetragene Geschichte, wie die Rekumer Kirche zu einem Glockenturm mit Glocke kam.