Die Pegelstation Farge
Autor: Dr. Markus Klemke (siehe auch Quellennachweis am Ende des Artikels)
Der Lattenpegel am Fährhaus
Am Fährhaus wurde im Jahr 1856 ein Lattenpegel eingerichtet. Er bestand anfangs aus zwei Pegelstücken, die im Graben hinter dem Fährhaus aufgestellt wurden. An einem Pegelstück (B) wurden gewöhnliche Wasserstände abgelesen, an der zweiten Pegellatte (A) dagegen höhere Wasserstände. Schon bald wurde an einer Buhne in der Weser eine dritte Pegellatte (C) für Niedrigwasser ergänzt. Im Winter wurde sie häufig durch Eisgang beschädigt. Der Fährmann Rengstorff musste zweimal täglich den Wasserstand notieren, bei Hoch- und bei Niedrigwasser, und die Listen am Monatsende an die zuständige Wasser-Bauinspektion übermitteln. Rengstorffs Nachfolger Ferdinand Meyer übernahm die Beobachtung des Pegels 1898. Nach der Jahrhundertwende führte eine 40 Meter lange Holzbrücke zum Niedrigwasserpegel. Erst zum Ende des Jahres 1922 gab man die Pegelstation am Fährhaus auf.
Lageplan der Pegelstation Farge aus dem Jahr 1903. Der dreiteilige Lattenpegel ist mit A, B und C gekennzeichnet. Quelle: Staatsarchiv Bremen, StAB 4.33/2 139.
Dieses Foto des Fährhauses stammt aus der Zeit um 1910. Am Ufer des Grabens steht zwischen dem mittleren und rechten Baum ein Pfahl, bei dem es sich vermutlich um den Pegel A für hohe Wasserstände handelt.
Der Schreibpegel bei der Steingutfabrik Witteburg
Ende des 19. Jahrhunderts waren die Fahrwasserverhältnisse sehr schlecht, deshalb sollte Ludwig Franzius einen Plan zur Vertiefung der Weser erstellen. Dazu reichten ihm die täglichen Ablesungen an Lattenpegeln jedoch nicht aus, er benötigte durchgehende Flutkurven der gesamten Unterweser als Grundlage für die notwendigen Berechnungen. Nur an der Großen Weserbrücke (seit 1866) und am Vegesacker Hafen (seit 1876) gab es bereits Schreibpegel, die rund um die Uhr den Wasserstand aufzeichneten. Sie zeigten den aktuellen Wasserstand außerdem auf einem Zifferblatt an und sahen deshalb aus wie Standuhren
Für Franzius’ Vorbereitungen der Weserkorrektion wurden weitere fünf Schreibpegel am Sicherheitshafen, in Hasenbüren, Farge, Brake und Bremerhaven aufgestellt, die der Bremer Uhrmacher C. B. Kappert gefertigt hatte. Der Schreibpegel in Farge ging 1878 in Betrieb und befand sich am Bollwerk der Steingutfabrik Witteburg. Jeden Montag mussten die Papierbögen zur Aufzeichnung der Flutkurven gewechselt werden. Auch mit dieser Aufgabe betraute man den Fährmann Rengstorff. Der Pegel wurde 1887 von Preußen an Bremen überwiesen. Weil die Witteburg 1890 ihren Löschplatz erweiterte, musste der Schreibpegel versetzt werden.
Es handelte sich um einen Schwimmerschreibpegel, d. h. ein Schwimmkörper erfasste den Wasserstand und übertrug ihn auf die Mechanik. Das hohe Ufer in Farge erforderte ein über acht Meter langes Steigrohr für den Schwimmer. Dieses Rohr befand sich in einem Schacht, der im unteren Bereich aus Eichenholz bestand, während der obere Abschnitt gemauert war.
Noch heute werden bei Niedrigwasser Reste von Spundbohlen sichtbar, die einen rechteckigen Kasten bilden. Es wird angenommen, dass sie Teil des Pegelschachts von 1890 waren.
Nachweisen lässt sich ein Austausch des Schreibpegels am 22. März 1920, der Typ des neuen Geräts ist jedoch nicht bekannt. Am 12. Juli 1923 war der Neubau eines Schwimmer-Schreibpegels der Firma Albert Ott aus Kempten beendet. Dieser Pegel befand sich in einer Wellblechhütte, die auf einem Stahlgerüst stand und über eine Brücke zugänglich war. Er übernahm am 16. Juli 1923 die Aufzeichnung der Farger Wasserstände.
Diese Skizze zeigt den Schreibpegel, der sich am Bollwerk der Witteburg befand. Das Zifferblatt zeigte den Wasserstand an, im Inneren befand sich eine Art Trommelschreiber zur Aufzeichnung der Flutkurve. Quelle: Tolle 1880, Der selbstregistrirende Wasserstandsmesser an der unteren Weser bei Farge, Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover, Bd. 26, Blatt 803.
Am Farger Weserufer ragen bei Niedrigwasser Holzreste aus dem Sand, die vermutlich den unteren Teil des Pegelschachts bildeten. Rechts im Hintergrund sieht man das gelb-schwarze Häuschen des
heutigen Pegels Farge.
Wie wichtig die Schreibpegel für die Planung der Weserkorrektion waren, ist in der Zeitschrift „HyWa“ der Bundesanstalt für Gewässerkunde, Ausgabe Juni 2022, nachzulesen.
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