Farge-Vegesacker-Eisenbahn FVE
Die Bahnstrecke Bremen-Farge–Bremen-Vegesack ist eine Eisenbahnstrecke in Bremen-Nord.
Die 10,44 km lange normalspurige und größtenteils eingleisige Bahnstrecke wurde am 31. Dezember 1888 von der Farge-Vegesacker Eisenbahn (FVE) eröffnet.
Der Personenverkehr war von Anfang an stark, aber wegen der günstigen Tarife für Berufspendler nicht gewinnbringend. Die anfänglichen drei Zugpaare reichten nicht aus. Bis 1928 stieg die Zahl der Fahrgäste auf 800.000 an. Die Weltwirtschaftskrise brachte zwar erhebliche Einbußen, der Aufbau der Rüstungsindustrie ließ die Zahlen aber schnell wieder steigen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Zahlen hoch, 1948 bei mehr als 1,5 Millionen Fahrgästen, mit der Währungsreform normalisierten sich die Zahlen aber wieder.
Von 1951 bis 1958 gab es nach Bremen Hauptbahnhof durchgehenden Personenverkehr. Einen Teil der Züge fuhr die FVE, den anderen Teil die Deutsche Bundesbahn (DB). Die FVE fuhr überwiegend mit den 1951 beschafften Esslinger Triebwagen. 1954 gab es werktags 17 Zugpaare. Dennoch war der Verkehr nicht rentabel, da die Bremer Straßenbahn Parallelverkehr mit Bussen und Straßenbahnen zu günstigeren Tarifen anbot. So wurde der Personenverkehr 1958 faktisch eingestellt, zwei Zugpaare in Tagesrandlage verblieben, bevor sie, nach Entbindung von der Betriebspflicht am 1. November 1961, auch eingestellt wurden.
Am 16. Dezember 2007 wurde im Zuge der Vorbereitungen für die Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen der öffentliche Personennahverkehr auf der Strecke der Betrieb mit Dieseltriebwagen aufgenommen. Diese Triebwagen der NordWestBahn pendelten zwischen Bremen-Farge und Bremen-Vegesack. Von Ende 2010 bis Ende 2011 wurde die Strecke elektrifiziert. Seit Mitte Dezember 2011 wird die Strecke im Rahmen der Regio-S-Bahn mit modernen Elektrotriebzügen bedient. Seit März 2015 werden nach dem Einbau einer Beifahranlage im Kopfbahnhof Bremen-Vegesack alle S-Bahn-Fahrten zwischen Farge und Hauptbahnhof durchgebunden. Dieses zunächst schon zu Beginn des elektrischen Betriebs auf der Relation Farge – Vegesack vorgesehene Durchbinden stieß an unerwartete technisch-organisatorische Schwierigkeiten, sodass lange nur außerhalb der Hauptverkehrszeit eine umsteigefreie Verbindung angeboten werden konnte.
Der Güterverkehr war in der Vergangenheit bedeutend und immer wichtiger als der Personenverkehr, vor allem durch einige Anschlussgleise, unter anderem zur Bremer Woll-Kämmerei, zum Bremer Vulkan, die jeweils ausgedehnte Werkbahnnetze hatten, zum VTG-Gelände und zum Kohlekraftwerk in Bremen-Farge. Ab 1938 wurden von Farge ausgehend große Geländeteile für militärische Zwecke erschlossen, unter anderem große Öllager und für den Bau des U-Boot-Bunkers Valentin. Dies brachte erhebliche Verkehrszuwächse. Nach 1945 wurden diese Gebiete durch die amerikanische Armee und später auch die Bundeswehr genutzt, auch sie waren wichtige Kunden der FVE. Zwischen 1946 und 1949 wurden jährlich um eine Million Tonnen befördert, ähnliche Hochs gab es auch Anfang der 1980er Jahre (1981: 832.701 t). Durch den Wegfall von Großkunden, z. B. dem Bremer Vulkan, und seine überwiegende Verlagerung auf die Straße hat der Güterverkehr auf der Strecke erheblich abgenommen. Er wird heute von der TWE Bahnbetriebs GmbH (TWE BB), betrieben. Die FVE ist nur noch ein Eisenbahninfrastruktur-Unternehmen.
Unter der Betriebsführung der Preußischen Staatseisenbahn wurden die ersten beiden T3-Dampflokomotiven eingesetzt. Ersatzloks wurden ebenfalls von der Staatsbahn gestellt. Nach 1900 wurden weitere Loks beschafft, unter anderem eine preußische T4.1 und später zwei Preußische T 14. Als 1928 die Allgemeine Deutsche Eisenbahn-Betriebs-GmbH (ADEG) die Betriebsführung übernahm, wurden die noch vorhandenen Lokomotiven verkauft und vier neue Lokomotiven vom ELNA-Typ eingesetzt. Bei Bedarf wurden andere ADEG-Lokomotiven eingesetzt. Nach dem Krieg wurden zunächst zwei Dampflokomotiven ELNA Typ 6 (Bauart Dh2t: vier angetriebene Achsen, Heißdampf, Tenderlokomotive) eingesetzt, die 1946 aus noch vorhandenen Teilen bei Henschel & Sohn gebaut wurden und bis 1963 in Betrieb waren.
Die Dieseltraktion hielt zunächst mit Leihlokomotiven des Typs V 36 und V 20 Einzug. 1958 wurden auch eine eigene Lok des Typs MaK 1000 D erworben, 1982 getauscht gegen eine MaK 600 D. 1971 kamen zwei MaK G 1600 BB. Die letzte Lok der FVE war eine gebraucht erworbene MaK G 500 C, sie wurde 2004 mit Einstellung der eigenen Bedienung der Strecke an die TWE abgegeben.
Für den Personenverkehr wurden 1951 zwei Esslinger Triebwagen und ein dazugehöriger Beiwagen beschafft, die nach Einstellung des Personenverkehrs an die TWE abgegeben wurden.
Von 2007 bis 2011 verkehrten im Personenverkehr Talent-Triebwagen der NordWestBahn. Seit 11. Dezember 2011 kommen im Rahmen der Einbindung der Strecke in die Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen Fahrzeuge des Typs Alstom Coradia Continental zum Einsatz.
Bahnstrecke Bremen-Farge–Bremen-Vegesack
VT 716 aus Richtung Farge. Von Bjørn Fritsche, CC BY-SA 3.0
Reichsbahnkursbuch 1944/45
Bahnhof Farge
Der Bahnhof Farge entstand Ende 1888 und kostete über eine halbe Millionen Mark
Heute ist der Bahnhof in Farge selbstverständlich. Viele Fahrgäste nutzen ihn, um von dort andere Ortschaften des Bremer Nordens, die Innenstadt oder weiter entfernte Regionen anzufahren. Zudem ist er die erste Station der heimatgeschichtlichen Entdeckungs-tour „Spuren der Geschichte“, die die Heimatvereine der Region ins Leben gerufen haben. Wer hier startet kann beispielsweise auf einer Fahrradtour über Rekum, Neuenkirchen, Schwanewede, Meyenburg, Hinnebeck bis nach Aschwarden-Bruch radeln und geschichtliche Orte aufsuchen. Doch wie entstand der Bahnhof Farge eigentlich?
Die Idee dazu wurde bereits 1882 öffentlich diskutiert. Immer mehr Bürger sprachen sich für einen Bau aus, darunter der Direktor der Steingutfabrik Wittberg. Bisher musste er seine Erzeugnisse, die nicht über das Wasser transportiert wurden, mit einem Pferdewagen nach Vegesack bringen. Dort wurden sie in einen Waggon verladen. „Das war verhältnismäßig umständlich“, erklärt Arend Wessels, zuständig für das Archiv des Heimatvereins Farge-Rekum e.V.. Für den Bau sprachen sich ebenfalls die Kapitalgeber der geplanten Bremer Wollkämmerei (BWK) in Blumenthal aus.
Die Anlage sollte über eine halbe Million Mark kosten. Um dies zu finanzieren, wurden Gelder gesammelt. Unter anderem die Steingutfabrik beteiligte sich und gab 150 000 Mark dazu – sie bekam einen eigenen Gleisanschluss. An Silvester des Jahres 1888 wurde die Farge-Vegesacker Eisenbahn für den Warentransport freigegeben. Später dann auch der Personenverkehr, der bis 1961 lief, mit dem Busverkehr dann aber nicht mehr konkurrieren
konnte. Erst seit 2007 können die Bürger die Strecke Farge-Vegesack wieder nutzen. Das sollen auch die Geschichtsin-teressierten tun.
„Der Bahnhof Farge ist ein zentraler Punkt“, erklärt Wolfgang Kobbe ehemaliger Vorstand des Heimatvereins. Neben der Anreise per Bahn könne man dort auch sein Auto parken, um die Tour zu starten. Wer Näheres erfahren möchte kann sich beim Heimatverein Farge-Rekum melden: online unter www.heimatverein-farge-rekum.de.
NAD
Quelle: BLV