Ein plattdeutscher Abend mit Hans-Dieter Lüerssen
Am Mittwoch, dem 7. September 2022, gab Hans-Dieter Lüerssen im Kahnschifferhaus seine heiteren Dorfgeschichten aus Uthlede zum Besten.
Hans-Dieter Lüerssen ist ehemaliger Ortsheimatpfleger in Uthlede und hat seine Notizen zu aktuellen und historischen Ereignissen in Uthlede Anfang 2020 im Buch „Mit 80 dör’t Doorp“ veröffentlicht.
Uthlede und Umzu ist natürlich vielen Menschen aus unserer Region auch bekannt und die eine oder andere Geschichte, die Hans-Dieter Lüerssen auf Plattdeutsch erzählte, weckte vielleicht Erinnerungen.
Los ging es mit einem kleinen Musik Einspieler „Armer alter Vagabund“, mit dem das regional bekannte Original Klaus Köster, ausgerüstet mit einer Handharmonika und diversen anderen teils merkwürdigen Musikinstrumenten (Luftpumpe, Singende Säge, die selbstgebaute Hawaii-Gitarre oder die Rückentrommel), durch die Dörfer gezogen war.
„Handgemachte Musik ist etwas ganz Besonderes“, sagte Hans-Dieter Lüerssen. Er hatte seine alte Handharmonika dabei. Er erzählte, wie er dieses schöne Musikinstrument, ein Hohner-Morino-Clubmodell, erworben hat und erklärte die Besonderheiten des Instruments. Das Spielen nach Noten habe er erst als Rentner gelernt und war damit in der Lage, die von ihm verfassten Gedichte mit einer Melodie zu vertonen.
Nach einer kleinen Kostprobe aus seinem musikalischen Repertoire wechselte Hans-Dieter Lüerssen dann wieder zurück zu Klaus Köster und erzählte dessen Lebensgeschichte. (Der HEIMATKURIER hat diese plattdeutsche Geschichte bereits in seinem Heft im Dezember 2020 veröffentlicht).
Weiter ging es mit der Geschichte seines 6. Geburtstags. Der Krieg war im Mai 1945 gerade vorüber. Hans-Dieter Lüerssen erzählte in der für das plattdeutsche typischen, sehr bildhaften Sprache, wie er damals erst im Familienkreis zusammen mit Verwandten und einquartierten Flüchtlingen den offiziellen und gemütlichen Teil feierte. Zunächst gab es „Muckefuck“ in Sammeltassen und Pottkoken ohne Rosinen (es gab keine zu kaufen) auf angestoßenen Tellern mit nur noch mattem Goldrand. Danach aber wurde es gefährlich, denn beim Spielen mit seinem besten Freund fiel ihm eine schwere gusseiserne Ofenplatte auf die Füße. „Mien anfänglich schöne Geburtsdagsfier wer mit eenmol förbi“, sagte er und erwähnte noch, dass seine seit damals schiefen Zehennägel ihn noch heute an diesen Geburtstag erinnern.
Es folgten noch einige Geschichten aus seiner Kindheit, u. a. über seine Konfirmation im Anzug und Schuhen von seinem verstorbenen Opa. Entgegen der damaligen Tradition hatte er sich aber geweigert, den bei Konfirmationen üblichen Hut zu tragen. Dieser zeichnete damals eigentlich den „ganzen Kerl“ aus, der dann auch schon mal öffentlich eine Zigarette oder eine Pfeife rauchen durfte.
Eine Geschichte über „De blöden Duben“, die nicht in der Lage waren ein ordentliches Nest zu bauen und über das Fangen von Flugentenküken im Flutgraben bei Uthlede. Es stellte sich nach dem Mästen allerdings heraus, dass die Küken dem örtlichen Bäckermeister gehörten. Das „Mallöhr“ wurde von den Eltern jedoch unbürokratisch geklärt. „De Bäcker krech de fetten Oonten, de beiden Jungs kregen jeder eenen Berliner.“
Nach einem Gedicht über den „oolen Buur“ endete der kurzweilige plattdeutsche Abend, gestaltet von einem großartigen Erzähler.
Die 35 Zuhörer*innen hätten gerne noch einige weitere Geschichten gehört!
Autor: Jörg Bolz, HVFR; Fotos: Claudia Wrobel